Chronik zum 100 jährigen Vereinsjubiläum

100 Jahre "D'Falkenstoaner Weißensee" e.V. - 100 Jahre Trachtler mit Leib und Seele

Was hat die 13 Weißenseer Männer im August 1921 wohl dazu bewogen, einen Gebirgstrachten- und Heimatverein zu gründen? War es die Geselligkeit, die Erhaltung der Sitten und Gebräuche und die Erhaltung der sog. „Gebirgstracht“ was sie dazu antrieb? Oder war es auch ein klein wenig der Ansporn, was dia Fiassar kennet- des kennet mir scho lang???


Erstaunlich ist es in der Chronik zu lesen, dass die „Statuten“ bereits am 18. Oktober 1921 dem damaligen Gemeinderat von Weißensee vorgelegt wurden, von diesem an das Bezirksamt nach Füssen zur Vorlage gebracht und bereits 5 Tage später von dort zurück geschickt wurden. In der heutigen Zeit trotz Digitalisierung – einfach undenkbar!


Bereits im gleichen Jahr trat man dem Oberen Lechgau bei, der ein Jahr vorher gegründet worden war. Rührig waren Sie, die Weißenseer Trachtler, den bereits im Sommer 1923 wurde die erste Fahne geweiht, deren Patenschaft die Neuschwanstoaner aus Füssen übernahmen – Eine Patenschaft - welche bis heute aktiv gepflegt wird.


Nach den Jahren der Gründung bis 1951 ist der Chronik wenig zu entnehmen- lies der zweite Weltkrieg sicher auch bei den Trachtlern das aktive Vereinsleben unter Vorstand Anton Kern stillstehen. Nach dem Kriegsende dauerte es ein paar Jahre bis sich die Trachtler unter Vorstand Matthias Friedl an das erste Gautrachtenfest wagten.


Franz Hengge, ehemaliger Hauptlehrer der Weißenseer Schule schrieb in der Chronik:

„Am 1. / 2. August 1953 erlebte Weißensee wohl den Höhepunkt des Vereins seit seinem Bestehen. Das Gautrachtenfest des Oberen Lechgauverbandes in Weißensee wurde ein machtvolles Bekenntnis zur Heimat und Brauchtum. Ein Mannifest der Treue zur Heimat, zur Tracht, zur Sitt und Art. 24 Vereine kamen damals zum Festzug- 2000 Besucher waren zu Gast in Weißensee.

Welch ein Fest- man höre und staune:

Der Verein zählte damals zwölf Aktive und 54 Passive Mitglieder -  Das waren Trachtler mit Leib und Seele! Die folgenden Jahre verliefen ruhig „mehr recht als schlecht!“ wie de Franz Hengge schreibt. 
1966 erfolgte die Umbenennung in „Trachten- und Heimatverein D`Falkenstoaner Weißensee“. Von einem erfahrenen Chronist erfuhr ich, dass sich zu dieser Zeit viele Vereine in Trachten-und Heimatverein umbenannten – es gab dafür Geld vom Land!! - Heute würde man von zweckgebundenen Fördermitteln sprechen!


1971 zu Beginn der „wilden 70iger“ feierte man das 50jährige Bestehen, verbunden mit der Weihe der restaurierten Fahne. Die Röcke der Mädla wurden kürzer – die Haarpracht der Buabe länger! Voller Tatendrang wurde 1974 im Frühjahr die Jugendgruppe durch Franz Wöhrle gegründet. 18 Mädchen- unter denen auch ich war- und 13 Buben. Damals- wie heute – allat des gleiche Bubenmangel!!


Unter Vorstand Anton Kern wurde im Sommer des gleichen Jahres das erste Seefest durchgeführt. Unterstützt wurden wir beim Seefest viele Jahre durch unseren Patenverein D`Neuschwanstoaner. Sicherlich erinnern sich viele noch daran: Beginn des Seefestes war am Sonntag Nachmittag um 14.00 Uhr. Gäste mussten Eintritt zahlen! Nachmittag gestalteten die Jugendgruppen und die aktiven das Programm. Bei Einbruch der Dunkelheit übernahm dann eine Tanz-Kapelle und spielte auf bis tief in die Nacht! Das Vereinsleben war in den 70igern sehr aktiv: Heimatabende im vollbesetzten Schützenhaus, zeitweise auch 2x wöchentlich!, Seefeste, Vereinsfeste im Dorf ...und und und...natürlich auch Vereinsausflüge- wie z.B. nach Südtirol und Kaisers. Mit Freude wurde 1977 unter Vorstand Anton Feneberg das zweite Gautrachtenfest ausgerichtet. Viele Weissenseer wurden Mitglied im Verein und mit Tracht und Lederhose eingekleidet.


Bereits am Gauheimatabend waren rund 2.500 Besucher im Zelt die flott von der Weissenseer Musikkapelle unter ihrem Dirigenten Willi Nigg begrüßt wurden. 
Den Festzug am Sonntag mit 23 Gruppen, Wagen und Musikkapellen säumten – sage und schreibe 10.000 Zuschauer!!

Der Fremdenverkehr hatte unsere schöne Region auch zu diesem Zeitpunkt schon entdeckt! In Verbindung mit dem Gaufest fand der Gaujugendtag und das Preisplatteln in Weißensee statt. Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, wie viele Mitglieder unser Verein in diesem Jahr hatte. 1975 waren es 17 aktive und 54 passive Mitglieder lt. Chronik der Gemeinde Weißensee. 


1978 wurde nach fast einjähriger Umbauzeit das gemeinsam mit Schützen- und Musikverein geschaffene Schützenhaus eingeweiht. Für die Frauen und Mädla wurde Anfang der 80iger Jahre ein Vereinsdirndel angeschafft. Die Trachtennäherinnen Zenzl Kern und Traudl Böck hatten alle Hände voll zu tun, die Dirndel mit den roten Miedern, schwarz-geblümten Röcken und weißen Schürzen zu nähen.
 

Vereinsausflüge führten uns in den Bayerischen Wald, nach Ruhpolding an die Mosel und nach Wien. Die Faschingsbälle im Schützenhaus waren in den 80iger Jahren oafach legendär. Mit der „Na sowas Show“ oder Mottos wie „Im Antiken Rom“ ……..


1986 wurde die bis heute aktive Theatergruppe gegründet. Zunächst wurden immer an Weihnachten Stücke wie „3 Könige im Schwabenland“ oder die „Nacht bei den Hirten“ aufgeführt. Dann ging man zu Komödien und Boulevardstücken über wie „Die drei Eisheiligen“, „die Gespenstermacher“, „Im Dorf stinkts“ und den „D’ Meisterboxer“ um nur eine kleine Auswahl zu nennen.


Auch unsere Tracht ging „mit der Zeit“. die Röcke wurden wieder länger und die alten Hüte der Föhla wurden gegen neue, flache „Dreherhüte“ getauscht. Diese neuen Hüte kamen nicht bei allen Mädla gut an – mussten die Haare jetzt zum Dutt frisiert werden, was ihnen gar nicht zusagte! Doch Vorplattler Franz bestand darauf.


Im November 1987 verstarb auf tragische Weise unser 1. Vorstand, Aktiver Plattler, Fähnrich und und Schützenhauswirt Anton Feneberg. War er doch für unseren Verein unterwegs, als sich der tödliche Unfall ereignete.
Fenebergs Done – ein Trachtler mit Leib und Seele!


1992 wurde das Vereinsdirndel erneuert. Es wurden schwarze Mieder mit schwarzem Rock und grün-roter Schürze angeschafft. Kleinere Festlichkeiten aus Anlass des 60- und 70ig jährigen Bestehens des Vereins wurden im Kreise der Paten- und örtlichen Vereine gefeiert.
 

Nach 25 Jahren beschloss der Verein das Gautrachtenfest im Jahr 2002 unter Vorstand Alexander Zeller erneut durchzuführen. Zusammen mit der Schützengesellschaft Weißensee die 2002 ihren 100sten Geburtstag hatte wurden die Weissenseer Festtage gefeiert. Unser Verein eröffneten des Festabend mit dem Auftanz an dem 31 Trachtenpaare beteiligt waren. Rund 3000 Zugteilnehmer marschierten am Festsonntag bei strahlendem Sonnenschein durch Weißensee – dabei waren 36 Vereine, 21 Musikkapellen und 11 Festwagen. Schade war, dass die Tribüne der Ehrengäste bei unserem Eintreffen bereits leer war. Nur unser Ehrenmitglied Zenzl Kern erwies uns die Ehre. Auch Sie war eine Trachtlerin mit Leib uns Seele!
 

Im Jahr 2002 hatte der Verein 172 Mitglieder, davon 27 Kinder bzw. Jugendliche. Die Tracht der aktiven Mädla wurde auf das Gaufest mit „steifen Miedern“ ergänzt. Einige Frauen des Vereins ließen sich zur Festtracht länge Ärmel nähen. Die Vereinsfahne wurde auf das Fest hin im Jahre 2001 nochmals restauriert.


Die Theatergruppe feierte im Jahr 2008 mit einem geselligen Abend ihr 20jähriges Bestehen. 
Das 90jährige Vereinsjubiläum wurde 2011 mit einem festlichen Gottesdienst und anschließendem Festabend im Schützenhaus gefeiert. Vorständin Ulrike Seidl ehrte langjährige Mitglieder.


Im Dezember 2013 verstarb plötzlich und unerwartet unser 1. Vorstand Franz Wöhrle. Franz war nicht nur 1. Vorstand, er gründete die Jugendgruppe, war bis zu seinem Ableben aktiver Plattler, auch Vorplattler, Musikwart, Musikant bei der Stubemusik. und Mitglied des Vorstandes. Er organisierte mit Leidenschaft unsere Feste und Ausflüge.

Dr Franz - ein Trachtler mit Leib und Seele!


Für die verstorbenen Falkenstoaner, besonders für Fenebergs Done und Wöhrle Franzl , die während Ihrer Amtszeit als 1. Vorstand verstarben wurde im April 2019 ein neues Gedenkkreuz auf dem Weg zum Falkenstein geweiht.
 

Corona hat unser Vereinsleben im vergangenen Jahr komplett ausgebremst. Keine Feste, keine Proben, kein Theater. Im Hintergrund wurde für die Ausstellung „Sehnsucht nach Heimat“, die derzeit im Museum der Stadt Füssen stattfindet, allerlei zusammengetragen, was zur Geschichte unseres Vereins gehört. Der Anstoß für diese Ausstellung kam von unserem Patenverein D´Neuschwanstoaner Füssen.


Im Jubiläumsjahr 2021 besteht unser Verein aus 157 Mitgliedern sowie 25 Kindern bzw. Jugendlichen.


Neben den kirchlichen Festlichkeiten und Gauveranstaltungen stehen im Jahreslauf des Vereins die Falkensteinmesse, das Maibaumaufstellen, Heimatabende im Schützenhaus und am See, Seefeste, Theateraufführungen, Faschingsbälle, die Adventsfeier sowie viele Feste und Veranstaltungen mit den örtlichen Vereinen auf dem Programm. Tja – und die Ausrichtung des nächsten Gautrachtenfestes rückt näher!


Als Chronist, der die letzten 100 Jahre zusammengetragen hat möchte ich an dieser Stelle all denjenigen danken, die ihr Engagement in unseren Verein einbringen und einbrachten. Ohne dieses Engagement – in welcher Form auch immer- wären wir heute nicht hier um diesen 100sten Geburtstag miteinander zu feiern. Einen ganz besonderen Beitrag zum Erhalt und zur Entwicklung unseres Vereins haben die Vorstände. Ich möchte an dieser Stelle ganz besonders unseren Vorständen danken – und auch gedenken:

  • Sebastian Schmid - der erste Vorstand ab 1921, 2 Jahre
  • Baldauf Josef 2 Jahre
  • Kaspar Schneider 13 Jahre
  • Wilhelm Steger 2 Jahre
  • Anton Kern 21 Jahre
  • Matthias Friedl 12 Jahre
  • Anton Feneberg 15 Jahre
  • Franz Wöhrle 6 Jahre
  • Michael Saremba 7 Jahre
  • Alexander Zeller 15 Jahre
  • Ulrike Seidl 5 Jahre
  • Anna Seidel 3 Jahre

Die Zukunft für unseren Verein wird sicherlich nicht leichter – aber wichtiger denn je….

Denn die Traditionen, die Tracht, Bräuche und Kultur bewahren –

das heißt Musik moche ,Theater spiele, Plattle und d Dialekt aktiv pflegen -

das heißt aber auch – die Tracht tragen und zeigen – nicht nur an Kirchlichen Feiertagen oder am Gaufest

schön wäre es, auch am Sonntag jemanden im Dirndel und der Lederhose zum sehen!

„Hut statt Schnabelkappe“ – des gilt auch für den Werktag!

Aber auch einen Blick auf ganz alltägliche Dinge haben – wie die Schellen unserer Kühe auf dem Viehweid, oder das Leuten unserer Kirchenglocken!

Denn auch das muss erhalten bleiben! Wenn es auch nicht Jedem gefällt!


Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir diese Werte in Einklang bringen mit der Gegenwart und an unserer bayerischen Tradition festhaltet.

„Mir san mir“ –

Was wir brauchen sind Trachtler – mit Leib und Seele!


Vielen Dank

Andrea Mahler
Oktober 2021

Cookie-Einstellungen öffnen